Lektorat: Zusammenarbeit

Aus Freude am Gegenüber

Sie haben einen Roman oder eine Erzählung verfasst und sind nun auf der Suche nach einer ersten professionellen Einschätzung Ihres Textes? Vielen Autoren fällt dieser Schritt schwer – Spiegelungen bergen immer das Risiko, sich von den subjektiven Meinungen anderer beeinflussen zu lassen. Als Lektorinnen sind wir es gewohnt, professionellen Abstand zu einem Text einzunehmen, ihn aus erzähltheoretischer Sicht einzuordnen und ihn als das zu betrachten, was er ist: reine Fiktion.

Das Ziel eines Romans, und damit auch unseres, ist das Gewinnen des Lesers. Die Leserbindung greift insbesondere durch diejenigen erzählerischen Elemente, die nicht sofort als solche erkennbar sind. Bestenfalls kann der Leser nicht begründen, weshalb ihn ein Text bis zur letzten Seite fesselt. Dafür sind wir als Lektorinnen zuständig: mit Ihnen gemeinsam einen spannenden Text zu erarbeiten.

Während dieser gemeinsamen Arbeit im Lektorat entsteht eine Form von Beziehung: persönlich und vertrauensvoll. Und wie in allen guten Beziehungen möchten wir Sie darin bestärken, Ihren eigenen Weg zu finden und selbst zu entscheiden, welche Änderungsvorschläge Sie umsetzen möchten – und welche nicht.

Wir möchten Ihnen die Entscheidung, ob wir die richtigen Partnerinnen für Sie in Ihrem Schaffensprozess sind, leicht machen; daher finden Sie auf dieser Seite ein paar Grundsätze unserer Arbeit.

 

Wir arbeiten auf Augenhöhe mit Ihnen zusammen.

Das Bild ist gewöhnlich, aber passend, denn es setzt voraus, zu erkennen, wo sich das Gegenüber befindet. Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit zum Perspektivwechsel sind entscheidend im Lektorat – das gilt für beide Seiten. Es gibt im literarischen Bereich weniger falsch und richtig, dafür aber viele Möglichkeiten – und oft dem Text angemessenere Alternativen. Wir selbst erweitern immer wieder unser Wissen und überprüfen unseren Standpunkt. Das Gleiche setzen wir bei unseren Autorinnen und Autoren voraus. Es ist die Art der Vermittlung, die für die Zusammenarbeit zählt: sachlich und konstruktiv. Die letzte Entscheidung über Änderungen an Ihrem Text liegt grundsätzlich bei Ihnen selbst. Doch ist es häufig erst das Miteinanderdiskutieren, das die besten – und auch ungewöhnliche – Lösungen hervorbringt.

 

Wir begründen argumentativ, nicht subjektiv.

Eine objektive Einschätzung eines Textes kann es nicht geben; sobald Sie Ihren Text für die Leserschaft freigeben, werden Sie ebenso viele Interpretationen erhalten wie er Leserinnen und Leser findet. Natürlich bringen auch wir als Lektorinnen unseren gesamten persönlichen und beruflichen Hintergrund in die Arbeit ein. Doch wenn wir einen literarischen Text lektorieren, gehen wir möglichst frei von inneren Vorstellungen und Erwartungen heran und lassen uns immer wieder ganz bewusst neu ein: auf die Geschichte, die Sie erzählen, auf Ihre eigene Sprache.

Dies geschieht in der Hauptsache intuitiv. Wir bleiben aber nicht bei dem Gefühl, sondern argumentieren mit logischen Schlussfolgerungen und zeigen Ihnen auf, wie man Passagen als Leser oder Leserin interpretieren könnte. Unsere Arbeit für Sie ist also beides: das intuitive Herangehen an den Text und das logische Begründen von Änderungsempfehlungen. Bei all dem richten wir uns nach der Maßgabe: Was braucht der Text?

 

Wer schreiben will, muss lesen.

Wir ziehen in der Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren gern Beispiele aus der (Welt-)Literatur heran. So zeigen wir, wie etwas wirkt, wie ein Problem gelöst oder eine ungewöhnliche Perspektive gestaltet worden ist. Schreiben erfolgt nie ohne Kontext, Tradition, Bezüge. Hierfür ist es hilfreich, wenn Sie offen sind für fremde Texte und neugierig auf die Arbeiten anderer. Gern diskutieren wir mit Ihnen auch über die Texte derjenigen Autorinnen und Autoren, die Sie in Ihrem Schreiben besonders beeinflusst haben. Schreiben, ohne selbst (viel) zu lesen, ist unserer Meinung nach gar nicht möglich. Danach gilt aber wieder: nicht zu sehr wertend nach links und rechts gucken, sondern einfach weiterschreiben.

 

Wir fokussieren auf das Positive.

Wir hören oft in der Rücksprache mit unseren Autorinnen und Autoren, dass wir genau diejenigen Formulierungen und Szenen heraussuchen, mit denen sie selbst am meisten gehadert haben und die oftmals zigfach umgearbeitet worden sind. Genauso spürt man umgekehrt, wenn der Autor oder die Autorin in seinem beziehungsweise ihrem ganz eigenen Stil geschrieben hat: Diese besonders gelungenen Passagen sind es, die wir intensiv besprechen, denn neben dem Bewusstwerden und Überwinden von erzählerischen Schwierigkeiten steht im Vordergrund, Stärken wie diese auszubauen.

 

Wir geben keine Versprechen.

Oft sind wir für Autorinnen und Autoren die erste professionelle Spiegelung für ihren Romanentwurf und werden natürlich gefragt, ob das Manuskript Potenzial hat. Gemeint ist damit zumeist nicht, ob es sich weiterentwickeln lässt, sondern ob die Aussicht besteht, anschließend einen Verlag zur Veröffentlichung zu finden. So verständlich diese Frage auch ist: Ein Lektorat ist der Beginn eines oft langen Weges bis zur Fertigstellung eines Textes. Wir sind keine Vermarkter und können Ihnen nichts versprechen. Schreiben ist ein Entwicklungsprozess, der harte Arbeit erfordert und einen Plan, eine Vision zwar benötigt – das nächstliegende Ziel sollte aber die Optimierung des Textes sein. Was zählt, ist die erfolgreiche Arbeit am Text – die in eine erfolgreiche Vermarktung münden kann.

 

Es geht meist nicht ohne Exposé.

Das Exposé hat einen unverdient schlechten Ruf unter Autorinnen und Autoren. Es gibt viele gute Gründe für ein Exposé als Arbeitsgrundlage vor und während der Zusammenarbeit: Wenn Sie uns zum Beispiel einen Text für die Erstellung eines Angebots zuschicken, benötigen wir einfach einen Handlungsabriss. Dies muss kein Verkaufsexposé im eigentlichen Sinne sein; wir müssen schlicht wissen, wie der Plot angelegt ist. Im Lektorat zeigen sich außerdem oftmals Abweichungen zwischen der Dramaturgie des Romans und dem, was das Exposé nahelegt.

Im Lektorat und während Ihrer eigenen Überarbeitung Ihres Plots ist es auch mit Exposé eine Herausforderung, alle Wendepunkte und Vorausdeutungen im Blick zu behalten. Wer eine gute Wegbeschreibung hat, findet nach Umwegen einfach schneller zurück.

 

Noch einmal: Einen Roman zu schreiben ist ein Prozess.

Das kann man nicht oft genug wiederholen. Weil wir Schreiben in der Schule lernen, denken wir oft, so schwer könne das Verfassen eines Romans schon nicht sein. Es ist schwer. Seien Sie nachsichtig mit sich und geduldig mit Ihrem Text. Schreiben ist eine spannende Reise, wir erfahren viel über uns, unsere Mitmenschen, die Kraft der Worte, über Komposition und Satzmelodik. Und über unser Durchhaltevermögen.

 

Geschichten führen ein Eigenleben.

Oft verändern sich Texte im Lektorat grundlegend: zum Teil im Plot, bei den Nebenhandlungen oder Figuren. Manche Geschichten jedoch wollen nicht verändert werden und zeigen dies deutlich damit, dass sie nach der Umarbeitung regelrecht auseinanderbrechen. Jeder, der literarisch schreibt, kennt dieses Phänomen auf der Satzebene: Ein entferntes Wort, ein versetztes Satzzeichen und der Satz „funktioniert“ nicht mehr. Eine leichte Umstellung verändert das Satzgefüge evident. Hier geht der Wille der Geschichte vor Lesegewohnheit oder Trend. Wir finden Ihren eigenen Ansatz, nicht den für andere gefälligsten, und unterstützen Sie dabei, Ihren Roman so umzusetzen, wie Sie es möchten (oder wie er es möchte).

 

Die Inspiration liegt oft im Außen.

Lassen Sie sich inspirieren von Dialogen in der U-Bahn, auffälligen (oder unauffälligen) Personen auf der Straße, Zeitungsberichten, Studien über Persönlichkeitstypen und Haltungen von Menschen, die konträr zu Ihren Überzeugungen sind; werden Sie Fachexperte beziehungsweise Fachexpertin auf dem Gebiet, über das Sie schreiben. Hier gehen wir gern mit: Wir unterstützen Sie bei der Recherche, sichten Fachliteratur, beraten Sie zur psychologischen Ausgestaltung Ihrer Figuren und lassen uns begeistern für thematisch neues Terrain. Beim Arbeitstempo, Thema und bei der Ausrichtung sind wir flexibel. Bei unserer Meinung nicht: Sie ist immer ehrlich und gut begründet.

 

All das spricht Sie an? Wunderbar. Gehen wir es an.